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23. August 2023, Petra Orzech

Was du über Nahrungsmittelunverträglichkeiten wissen solltest

(c) Shutterstock

Du nascht Weintrauben und bekommst einen Blähbauch. Du trinkst ein Glas Milch und musst plötzlich auf die Toilette. Oder dir brummt auf einmal nach einem Thunfischsalat der Kopf.

Wie kann das sein? Vielleicht verträgst du bestimmte Lebensmittel nicht.

Essen und Trinken führt unserem Körper Lebensenergie und Baumaterial zu. Der Verdauungstrakt hat die Aufgabe, die aus Lebensmitteln stammenden Inhaltsstoffe so aufzubereiten, dass sie vom Körper aufgenommen und nicht verwertbare Nahrungsreste ausgeschieden werden.

Das Verdauungssystem hat keine Wahl: Es muss wirklich alles, was wir uns „einverleiben“, be- und verarbeiten. Wenn die Auswahl, Zusammensetzung und Menge der Nahrung nicht dem entspricht, worauf unser System im Lauf der Evolution optimiert wurde, kann es zu Problemen kommen.

Früher gab es praktisch nur zur Erntezeit frisches Obst und Gemüse. Jetzt können wir es das ganze Jahr über kaufen. Dazu kommt, dass etwa neuere Apfelsorten auf höhere Fruchtzuckergehalte hin gezüchtet werden, weil sie dann süßer schmecken.

Vor 50 Jahren gab es auch kaum Fertiggerichte. In den meisten dieser Produkte sind aber Milchzucker, Magermilchpulver, Laktose, Fruktose und Glutamat enthalten. Wer eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hat, bekommt nach dem Verzehr solcher Produkte „unerklärliche“ Beschwerden.

So nehmen wir heute nicht nur zahlreiche neue Substanzen über die Nahrung auf, sondern auch immer größere Mengen. Als Folge nehmen Nahrungsmittelunverträglichkeiten stetig zu.

Was ist der Unterschied zwischen Unverträglichkeit und Allergie?

Dabei unterscheiden Experten zwischen einer Allergie und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit (Nahrungsmittelintoleranz). Bei einer Allergie erkennt das körpereigene Immunsystem bestimmte Bestandteile im Essen als „Feind“ und reagiert mit allergischen Reaktionen, wie etwa Juckreiz und Hautausschlag.

Bei Unverträglichkeiten ist das Immunsystem nicht beteiligt. Die Probleme resultieren aus einem Mangel an bestimmten Enzymen im Darmsystem. Durch diesen Mangel gelangen Nahrungsbestandteile unverdaut in den Dickdarm. Dort werden sie von Bakterien verstoffwechselt. Die Abbauprodukte, die dabei entstehen, sind der Auslöser für eine Anzahl von Beschwerden.

Zu den Unverträglichkeiten zählen Fruktose-, Laktose-, Gluten- und Histaminnintoleranzen. Was bedeutet das im Einzelnen:

Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktoseintoleranz)

Bei einer Fruktoseunverträglichkeit sorgt ein Enzymmangel dafür, dass Fruchtzucker nicht vollständig aufgeschlossen und anschließend über das Blutsystem abtransportiert werden kann. So gelangt die Fruktose in den Dickdarm und wird dort von Bakterien verarbeitet, die zu Beschwerden führen können.

Übrigens: Die Beschwerden können sich noch verstärken, wenn gleichzeitig Diät-, Light- und „zuckerfreie“ Produkte wie etwa Kaugummi oder Bonbons konsumiert werden. Da die dort enthaltenen Zuckeralkohole die Verträglichkeit von Fruktose verschlechtern.

Diagnose

Beim Abbauprozess der Bakterien im Dickdarm entsteht unter anderem Wasserstoff (H2). Dieser gelangt in die Blutbahn und ist auch im Atem messbar. Ein Arzt kann dir anhand eines Atemtests Aufschluss geben, ob eine Fruktoseintoleranz vorliegt oder nicht.

Therapie

Steht die Diagnose fest, solltest du deine Ernährungsgewohnheiten mit einer Ernährungsexpertin besprechen. Mit ihrer Hilfe passt du deine Ernährung an deine Gegebenheiten an. Ein Ernährungstagebuch ist bei diesem Prozess ein wichtiger und hilfreicher Baustein.

Im Normalfall musst du nicht komplett auf Fruktose verzichten. Es gilt dein Maß an Fruktoseunverträglichkeit herauszufinden. Fruchtzuckerreiche Lebensmittel wie Trockenfrüchte, Obstsäfte, Honig sowie mit Fruchtzucker angereicherte Fertigprodukte solltest du dennoch meiden.

Laktoseintoleranz

Wie bei der Verstoffwechselung von Fruktose, benötigt auch Laktose (Milchzucker) ein spezifisches Enzym. Dieses Enzym namens Laktase spaltet den Milchzucker in Galaktose (Schleimzucker) und Glucose (Einfachzucker), um dann vom Darm ins Blut überzugehen. Das Enzym wird im Dünndarm produziert. Liegt ein Laktasemangel vor, gelangt die Laktose ohne Spaltung unverdaut in den Dickdarm. Dort bauen die vorhanden Bakterien die Laktose ab. Die sich dabei bildenden Gase, können zu Schmerzen führen.

Babys können meist noch gut Laktose verstoffwechseln. Diese Fähigkeit wird im Laufe der Jahre jedoch meist geringer. Doch nicht nur das Alter hat hier einen Einfluss. Auch geographische Faktoren spielen eine Rolle: In Skandinavien haben etwa 5% der Bevölkerung eine Intoleranz. Während sie im Mittelmeerraum schon auf bis zu 70% ansteigt.

Symptome einer Laktoseintoleranz

Die typischen Beschwerden reichen von Blähungen und Bauchschmerzen über Durchfall und Übelkeit.

Diagnose

Wie bei Fruktose – wird eine Laktoseintoleranz über einen Atemtest beim Arzt diagnostiziert.

Therapie

Hier gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Meidung aller laktosehaltigen Nahrungsmittel, insbesondere von Milch und Milchprodukten. Alternativ gibt es eine große Auswahl an laktosefreien Produkten, die konsumiert werden können. Laktose ist übrigens auch ein beliebter Zusatzstoff in Fertiggerichten. Ein Blick auf die Inhaltsangaben ist daher ratsam. Schau auch mal auf den Beipackzettel deiner Medikamente: Laktose wird hier gerne als Füllstoff eingesetzt.

2. Einnahme von Laktase, dem fehlendem Enzym, etwa 30 Minuten vor der Nahrungsaufnahme. So lässt sich das fehlende Enzym ersetzen, und die Symptome treten nicht auf.

Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)

Die meisten Unverträglichkeitsreaktionen auf Brot und Getreide (Weizen, Dinkel, Roggen, Grünkern, Gerste, Hafer) werden wahrscheinlich durch Gluten hervorgerufen. „Gluten“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene Bestandteile des sogenannten Klebereiweißes, das für die gute Backfähigkeit von Getreide verantwortlich ist.

Die Glutenunverträglichkeit stellt einen Sonderfall dar: Sie ist weder eine Allergie noch eine klassische Unverträglichkeit. Bei einer Zöliakie reagiert der Körper mit einer Entzündung der Darmschleimhaut. Das körpereigene Abwehrsystem sieht Gluten als Feind an und löst eine Immunreaktion in der Darmschleimhaut aus. Die Folge ist ein entzündlicher Prozess.

Symptome

Die Symptome bei Zöliakie können sehr unterschiedlich sein. Manchmal treten keine Beschwerden auf (stille Zöliakie). Meistens zeigen sich jedoch neben Verdauungsbeschwerden wie Reizdarmsyndrom, Bauchschmerzen, Durchfall und/oder Verstopfung auch Beschwerden, die oft nicht mit Nahrung in Zusammenhang gebracht werden. Dazu gehören Müdigkeit und Konzentrationsbeschwerden nach dem Essen, Depressionen, Bewegungsstörungen, Unfruchtbarkeit und Infektanfälligkeit.

Diagnose

Die Diagnose einer Zöliakie kann einerseits durch Antikörperbestimmung (Ak-Bestimmung) im Blut, anderseits durch die Entnahme von Gewebsproben aus dem Dünndarm bei einer Darmspiegelung erfolgen. Idealerweise werden beide Untersuchungen durchgeführt.

Therapie

Die Glutenaufnahme sollte weniger als 10 Milligramm pro Tag betragen. Das entspricht einer glutenfreien Diät. Diese ist in der Regel schwer einzuhalten. So sollte auf jeden Fall eine speziell dafür geschulte Diätologin zu Rate gezogen werden.

Glutenfreie Produkte sind übrigens Kartoffeln, Hirse, Buchweizen, Amaranth, Reis, Quinoa und Mais.

Nicht-Zöliakie

Neue Untersuchungen zeigen, dass immer mehr Menschen auf Weizen mit Beschwerden reagieren, aber keine Zöliakie haben. Die Beschwerden ähneln denen der Zöliakie und können den Verdauungstrakt betreffen, aber auch ganz andere Organe.

Nach derzeitigem Wissensstand wirkt sich eine glutenarme Ernährung positiv aus. Empfehlenswert ist es sich in diesem Zusammenhang über eine sogenannte „FODMAP-arme Diät“ zu informieren. Hier geht es vereinfacht gesagt darum, die Aufnahme bestimmter Kohlenhydrate zu reduzieren. Man geht davon aus, dass sich dadurch die Zusammensetzung der Darmflora verändert und die Schutzfunktion der Darmschleimhaut gestärkt wird.

Histaminunverträglichkeit (Histamintoleranz)

Histamin, was ist das genau? Histamin ist eine Substanz, die sowohl im Körper selbst entsteht, als auch mit der Nahrung zugeführt werden kann. Vermutlich können manche Menschen aus der Nahrung stammendes Histamin langsamer oder nur unvollständig abbauen. Enzyme scheinen auch hier eine Rolle zu spielen.

Symptome einer Histaminintoleranz

Kommt es aufgrund einer Histaminintoleranz zur Überflutung des Körpers mit Histamin, ist das erste und häufigste Symptom der sogenannte „Fluch“: Gesicht und Hals werden schlagartig rot und glühend heiß. Starke Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Herzrasen und Blutdruckabfall sowie Bauchkrämpfe und Durchfall kommen häufig dazu.

Diagnose

Nachweisen lässt sich eine Histaminunverträglichkeit derzeit nur schwer. So stützt sich die Diagnose hauptsächlich auf Beobachtungen und die auftretenden Beschwerden. Die Wahrscheinlichkeit für eine Intoleranz ist hoch, wenn nach dem Verzehr histaminhaltiger Lebensmittel wie Alkohol, Tunfisch, Salami, Parmesan, Sauerkraut und anderen „gereiften“ Lebensmittel, die oben genannten Symptome auftreten.

Auch Unverträglichkeiten vom Geschmacksverstärker Glutamat sowie Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln, die Histamin freisetzen, wie etwa Erdbeeren oder Tomaten, sind Hinweise auf eine Histaminintoleranz.

Therapie

Ziel der Behandlung ist es, dass Gleichgewicht zwischen Histaminzufuhr und Histaminabbau wieder herzustellen. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die am besten individuell mit einem Allerologen und Ernährungsspezialsten erarbeitet werden.

Falls du dich fragst,…

… in wie weit Nahrungsergänzungsmittel bei Unverträglichkeiten hilfreich wären: Es gilt es zu bedenken, dass gerade Nahrungsergänzungsmittel oft selbst eine Unverträglichkeit bewirken – auch wenn sie dafür eigentlich Abhilfe versprechen. Manchmal können sie sogar zu einer Verstärkung der Symptome führen. Wenn du den Verdacht hast, unter einer Intoleranz zu leiden, empfiehlt es sich, als erstes alle Nahrungsergänzungsmittel abzusetzen. Übrigens: Nahrungsergänzungsmittel unterliegen im Gegensatz zu Arzneimitteln so gut wie keiner Kontrolle und es gibt in diesem Bereich so gut wie keine industrieunabhängige Forschung. 

… wie wirken sich Probiotika-Präperate aus?

Durch Einnahme von Präparaten mit sogenannten „guten“ Bakterien wirst du bestenfalls vorübergehend eine Besserung der Beschwerden erreichen. Wenn du dagegen die unverträglichen Nahrungsmittel(bestandteile) meidest, werden die „schlechten“ Bakterien ausgehungert. Dadurch können sich die „guten“ Bakterien wieder vermehren.

Wichtig ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich im Darm dein individuelles Gleichgewicht an Darmbakterien einstellt. Dafür braucht es Zeit, Geduld und kompetente Betreuung. 

Fazit

Wenn du den Verdacht auf eine Lebensmittelunverträglichkeit hast, ist es sinnvoll

  1. ein Ernährungstagebuch zu führen
  2. dir einen Ernährungsexperten zu suchen
  3. natürlich und maßvoll zu essen – gerne auch intermittierendes Fasten einbauen
  4. deinem Darm ganz viel Liebe und Geduld schenken

 

Ganz nach dem Motto: Iss als ginge es um dein Leben – denn das tut es.